Der WILDE Garten

So wild wie in diesem Sommer war unser Garten noch nie.
Ich arbeite mich vorsichtig hindurch, auf Augenhöhe recken sich mir die spitzen Dornen der Mariendistel entgegen und während ich ihnen ausweiche versuche ich NICHT in den zwei Meter hohen Brennesseln hängen zu bleiben. Die Blumen in den Beeten – Mauretanische Malve, Cosmeen, Borretsch, Ringelblumen und Zinien – sind so ineinander verwoben, dass sie eine dichte, blühende Matte bilden. Kohlköpfe, so groß wie Basketbälle, stehen in Nachbarschaft mit wogenden Buschbohnen und Baumspinat – es ist kein Stück Boden zu sehen dazwischen.

In den letzten Wochen haben wir kiloweise Himbeeren und Johannisbeeren geerntet, jetzt sind es Brombeeren, Aronia, japanische Weinbeeren und faustgroße Klaräpfel von den jungen Bäumchen unserer Streuobstwiese, während die Himbeeren auf’s Neue blühen und üppig Herbstfrüchte ansetzten.

Es ist unfassbar. Viel. Überwältigend.

Im Staudengarten blüht üppig Phlox in allen Farben, Echinacea, Knöterich, Ysop und Drachenkopf, Salbei und Melisse, Dost, Storchschnabel und Fetthenne. Überall summt und brummt es und in diesem Jahr gibt es auch endlich wieder Schmetterlinge!

Am Feld- und Waldrand und zwischen unseren Gemüsebeeten stehen riesige Brennesseln, die in diesem Jahr nun schon die zweite Generation Raupen des Tagpfauenauges beherbergen und nähren. Die letzten drei Jahre haben wir vergeblich danach Ausschau gehalten – Schmetterlinge waren nur sehr selten und vereinzelt zu sehen, eigentlich nur ab und zu mal ein Admiral oder ein Kohlweißling. Entsprechend groß ist nun die Freude, dass sich wieder mehr dieser flatternd bunten Lichtwesen einfinden und Leichtigkeit und Sommerglück im Garten verströmen!

Dabei fing dieses Gartenjahr echt schwierig an. Es war lange kalt, eine frostige Nacht Mitte Mai hat unseren Gemüsepflanzen ziemlich zugesetzt und einiges musste ich noch einmal nach säen.
Wir hatten ungewöhnlich viele Schnecken im Garten – trotz der Laufenten, die sie von früh bis spät aufstöbern und verspeisen. Tagelang waren wir spätabends noch mit Taschenlampe und Eimer in den Beeten unterwegs und haben Schnecken von Gemüse- und Salatpflanzen gepflückt.

Dann wurde es heiss und trocken. So schnell so trocken, dass wir schon Ende Juni in großem Umfang wässern mussten! Die Gemüse-, Salat- und Topfpflanzen sowieso, aber auch die 130 Erbsensträucher auf dem Acker, die wir im März gepflanzt hatten.

Mit den Visionssuchern kam dann auch der Regen (das hat schon Tradition!). Wochenlang und ausgiebig. Ein großer Segen – für die Wälder und Felder, für Gärten und Äcker! 
Erfreut habe ich gehört, dass inzwischen auch die NachrichtensprecherInnen im Radio erkannt haben, dass REGEN etwas Kostbares ist 🙂

Mit den ersten Sonnenstrahlen danach schien der Garten dann förmlich zu „explodieren“. So schnell so groß so viel und so üppig!!! Mit all dem Nass haben sich stattliche Früchte entwickelt, sind alle Pflanzen in beachtliche Dimensionen gewachsen – ohne Unterschied zwischen Kultur- und Wildpflanzen! – und füllen nun buchstäblich JEDEN Winkel unseres Gartens.

Vor allem Stefan ist jetzt echt gefordert. Er sorgt in Hof und Garten für Ordnung – mäht, schneidet, hegt ein. Den „Wildwuchs“ zwischen unseren Beeten auszuhalten ist für ihn eine tägliche Übung.
Aber er ist ein großer Liebhaber – von Schmetterlingen und Käfern, Wildtieren und Tieren überhaupt. Und so hält er an sich, hält sich zurück, lässt den Wildwuchs sich ausbreiten und freut sich dafür an all den Schmetterlingsraupen, Eidechsen, Kröten, Schlangen und Käfern, die diesen wilden Lebensraum eifrig erobern.

„Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“
(Friedrich Nietzsche)

Ein wilder Garten kann tanzende Sterne gebären – denn was sonst ist ein Schmetterling?

In unserem „Artenretterbuch“ heisst es dazu: „Der einfachste Weg, um Insekten und Wildtiere in ihrem Garten zu unterstützen ist, etwas mehr Unordnung auszuhalten.“

Verblühtes und Wildpflanzen (oft als „Unkraut“ betitelt!) stehen lassen, Laub- und Totholzhaufen liegen lassen, Gras wachsen lassen, wilde Ecken NICHT aufräumen. Die so entstehende Ästhetik ist für unser Auge zunächst ungewohnt, aber es braucht nur diese kleine Veränderung unserer optischen Gewohnheiten und der Garten antwortet sofort mit mehr Leben, mehr Vielfalt, mehr Gesundheit durch mehr Gleichgewicht.

Wir erleben es als absolut beglückend, wenn wir uns unseren Garten mit immer mehr „wilden Bewohnern“ teilen 🙂

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