Staren-Gruß

Die Stare sind zurück!

Es ist ein Morgen Mitte Februar, der Tag ist verhüllt in Wintergrau. Ein paar helle Flecken am Himmel zeigen an, dass noch nicht entschieden ist, ob sich die Sonne heute blicken lässt. Die Katzen sind gefüttert, meine Hündin Maya ausgiebig gekrault und so öffne ich die Haustüre und mach’ mich auf um unsere Viecherei mit Frühstück zu versorgen. Ich spüre sofort, dass die Stimmung heute wie verwandelt ist – die Luft ist erfüllt von einem ganz besonderen, wohl vertrauten Klang: die Stare sind zurück!

Wie kann ich beschreiben, was das für ein Freudenfest in meinem Herzen auslöst?

Jahr für Jahr kommt eine Gruppe Stare zu uns an den Höllbachhof. Sie beziehen die Brutkästen, die an den Dachgiebeln für sie vorbereitet sind, machen Frühjahrsputz, bessern aus und polstern ihre Nester. Sie legen Eier, brüten und schon bald beobachten wir die Vogeleltern, wie sie unermüdlich Regenwürmer und Insekten von den umliegenden Wiesen herbei bringen um ihre Küken zu füttern. Nach wenigen Wochen machen die jungen Stare erste Flugübungen und ein paar Tage später beginnt schon alles von Neuem: Nest ausbessern, aufpolstern, Eier legen, Brüten, Vogelküken füttern.

Mindestens zwei mal werden die Stare in jedem Sommer Eltern, manchmal auch ein drittes Mal. Diese selbstbewußten, vitalen Vögel leisten Unglaubliches. Wenn ich sie bei ihren „Versorgungsflügen“ beobachte, ist offensichtlich, dass sie in der„rush-hour“ des Lebens sind.

Am frühen Morgen und in der Abenddämmerung aber sitzen sie hoch oben in den Bäumen und singen ihre Lieder. Dann ist der ganze Ort erfüllt von ihrem Gesang! Der Klang der Stare ist ganz eigen, wer ihn kennt hört ihn sofort aus all den anderen Vogelstimmen heraus.

Sie sind die ersten Frühlingsboten jedes Jahr. Wenn die Stare aus ihrem Winterquartier im Süden zurück kommen ist die dunkle Zeit überstanden. In den Bäumen steigen die Säfte und die Frühlingsblumen recken ihre zarten Köpfchen aus der feuchten, dunklen Erde. Wenn ich nach der langen Winterzeit den Klang der Stare höre, wenn ich sehe, wie die Knospen an den kahlen Ästen prall und die ersten grünen Spitzen sichtbar werden,
wenn die Bienen aus der Winterruhe erwachen und ihr Flug anzeigt, dass alles gut überstanden ist, wenn die Winterlinge und Schneeglöckchen erste Farbtupfer auf das braune Gras und zwischen graue Granitsteine zaubern, wenn ich spüre, wie das Leben neu beginnt, dann fliesst mein Herz über vor Dankbarkeit und Freude.

Es ist Segen, Trost und Geschenk – dieses kostbare Leben. Wir leben in einer Welt voller Wunder. Und all diese Wunder sind für mich gefasst im Klang der Stare.

Wie um dem Starengesang zu antworten schiebt sich die Sonne durch die graue Wolkendecke und bringt die Welt zum Leuchten. Jeder Wassertropfen, der an den kahlen Ästen unserer Hoflinden hängt, beginnt zu funkeln. Das Moos an ihren Stämmen und auf den großen Granitsteinen leuchtet in kräftigem Smaragdgrün. Der Holunder schiebt violette Knospen – ich pflücke eine, stecke sie mir in den Mund und geniesse das würzige Aroma. Pure Grünkraft. Reine Lebenskraft.

Es gibt einen Menschen in meinem Leben, der all das mit der gleichen Intensität, mit der gleichen Freude erlebt und empfindet wie ich: Stefan, mein Liebster.
Er ist gerade bei seinem Sohn auf der Baustelle und hilft ihm, ein altes Haus zu renovieren. Ich rufe ihn an, erreiche ihn sofort und sage nur: Die Stare sind zurück! In diesem Satz ist das ganze große Gefühlsspektrum enthalten – meine Freude, die Dankbarkeit, das Glück und die vibrierende Lebendigkeit des Frühlings. Und ich weiß, dass das alles bei Stefan ankommt, in genau diesem Moment. Er ist der Mensch in meinem Leben, mit dem ich das alles teilen kann.

Vor dreizehn Jahren habe ich auf der Internetseite „Naturverliebt“ eine Kontaktanzeige aufgegeben. Als Pseudonym habe ich mich „Liebt-die-Erde“ genannt. „Liebt-die-Erde“ war der Versuch, in kürzester Form auszudrücken was mich ausmacht, worum es mir geht, was die Essenz meines Lebens ist.
Unter vielen, vielen Zuschriften hat nur ein Mann darauf Bezug genommen – Stefan. 
Im Betreff seiner Antwort stand: Die Erde liebt Dich auch.
Das war der Schlüssel, der exakt in mein Schloss gepasst hat. Ich habe einen Ruf ausgesandt und er hat ihn beantwortet. Es war wie ein„geheimer Code“, den er sofort entschlüsselt und verstanden hat, der ihm signalisierte, dass ER gemeint ist.

Es war so völlig unwahrscheinlich, dass wir beide uns jemals begegnen. Und doch ist es geschehen, das Leben hat einen Weg für uns gefunden. Wunder geschehen an jedem Tag…

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